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Von intuitiven Essern und privaten Tellern

Gestern fand die vierte Fachtagung im Rahmen des StErn Kita Projektes statt – wie zu dieser Zeit gewohnt, im Online-Format.
Inhaltlich drehte sich in den vier Stunden alles um die pädagogische Perspektive auf Essenssituationen in der Kita und darum, wie die Erzieher:innen die bestmögliche Begleitung dabei leisten können.

Als Referentin war Edith Gätjen eingeladen, die eine umfangreiche Fachexpertise im Bereich der Ernährungspädagogik aufweist. Neben studierter Ernährungswissenschaftlerin ist sie außerdem Gesundheitsberaterin, systemische Familientherapeutin, Buchautorin, Lehrbeauftrage und Vermittlerin von vegetarischer und veganer Familienernährung in Theorie und Praxis.

In der Vorstellungsrunde haben alle Teilnehmenden von ihrem Lieblingsgericht aus der Kindheit berichtet. Schon hier zeigte sich, dass Essen ein sehr emotionales Thema ist. Manche Speisen schmeckten auch deswegen so gut, weil der gut gelaunte Vater sie am Samstag zubereitet hat und sie in entspannter Atmosphäre verzehrt wurden.

Mit den Fachkräften wurde anschließend ein gemeinsames Bild entwickelt, in dem sich zeigte, wer alles real und virtuell mit am Tisch sitzt, wenn Kinder in der Kita essen. Neben erkennbaren Aspekten, wie z.B. Tischnachbar:innen des Kindes und Kita-Fachkräften spielen auch viele weniger sichtbare Themen, wie z.B. Erwartungen, Erfahrungen, Kultur & Ethik, Zeitdruck, Vorlieben und Abneigungen, Ekel oder die Atmosphäre und der Geräuschpegel eine Rolle. Das Bild zeigt eindrücklich, dass auch wenn es vordergründig oft nur darum geht, die Kinder satt zu bekommen, viele weitere Themen beim Essen berührt werden, denen ebenfalls Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Edith Gätjen unterstrich, dass es bei in Essenssituationen auftauchenden Problemen meist weder am Essen selbst, noch am Kind liegt.

Im weiteren Verlauf wurden eben diese Aspekte untersucht, die das kindliche intuitive Essverhalten bestimmen und was das für die pädagogischen Fachkräfte im Alltag bedeutet. Das Ziel soll hierbei sein, dass die Erwartungen der Erwachsenen und die Bedürfnisse des Kindes sich annähern können.

 

Auf körperlicher Ebene wurden neben den Phasen der Essentwicklung und der Entwicklung des Geschmackes, auch die biologischen Sicherheits- und Schutzprogramme der Kinder unter die Lupe genommen. Diese sorgen u.a. dafür, dass Kinder Süßes bevorzugen und Bitteres ablehnen.
Auch die Beziehungsebene ist essenziell für eine gelungene Essenssituation. Dabei spielt nicht nur die Beziehung zwischen Erziehenden und Kindern eine Rolle, sondern auch die Beziehung der Erziehenden zum Essen. In diesem Punkt lohnt es sich für die pädagogischen Fachkräfte auch die eigene Essbiografie und verinnerlichte Glaubenssätze anzuschauen.

Darüber hinaus sind selbstbestimmte ermöglichte Ess-Erfahrungen der Kinder besonders wichtig. Edith Gätjen ließ unter anderem den Satz fallen: „Kein Kind muss probieren, alle dürfen sich ausprobieren!“. Wer den Kindern wiederholte und freiwillige Lebensmittel-Kontakte mit allen 5 Sinnen erlaubt, trägt dazu bei, dass aus diesen positiven Erfahrungen eventuell eine lebenslange Liebe und Genuss wird. Oder das Kind erkennt, dass es dieses oder jenes Gemüse einfach nicht mag und dann ist auch das völlig in Ordnung. Denn es gilt: der eigene Teller ist privat und darf nicht gegen den Willen befüllt werden.
Zu guter Letzt ging es um eine glaubwürdige Erziehung, die die Pädagog:innen leben sollten. Dazu gehört unter anderem, dass die Erwachsenen entscheiden Wann, Was und Wie gegessen wird; die Kinder wiederum entscheiden Ob und Wieviel sie essen möchten.

In einer abschließenden Reflexion in Kleingruppen haben die teilnehmenden Fachkräfte versucht, für verschiedene „Problemsituationen“ in ihrer Kita Lösungsansätze zu finden, aufbauend auf dem gerade erworbenen Wissen. Was zum Beispiel tun, wenn ein Kind sehr langsam isst, viel redet und damit die vorgesehene Zeit fürs Mittagessen nicht einhalten kann? Oder wie geht man mit einem Kind um, dass gar nichts isst und alle Speisen ablehnt? Wie gewöhnt man Kinder an neue Lebensmittel oder Rezepturen? Und was ist bei der Zubereitung von Beikost zu beachten?
Diese und weitere alltägliche Situationen griff Edith Gätjen auf und gab den Pädagog:innen wertvolle Hilfestellungen und Ratschläge an die Hand.

Die Rückmeldungen in der Abschlussrunde waren ausnahmslos positiv – viele Fachkräfte haben sich vorgenommen, das erworbene Wissen weiterzutragen, anzuwenden und abzugleichen mit den bestehenden Vorgehensweisen in der Kita. Auch die Hauswirtschaftskraft, die für eine Kita an der Fachtagung teilgenommen hatte, nahm einige hilfreiche Tipps für sich mit und freute sich auf die Umsetzung.

Wir freuen uns, dass wir mit der Fachtagung einen Beitrag dazu leisten konnten, dass Kita-Kinder „selbstbestimmt, vollwertig und genussvoll essen und essen lernen“ (E. Gätjen) und Kita-Fachkräfte ihre Rolle als Begleitende gut und selbstsicher wahrnehmen können.

stern-kita.koeln